Social Media-Nutzung im Unternehmen

Social Media-Nutzung – Arbeitgeber und Beschäftigte

Die Nutzung von sozialen Netzwerken ist bereits für 30 Millionen Deutsche und Milliarden Menschen weltweit zum Alltag geworden, für viele sind solche Netzwerke bereits ein wichtiger Bestandteil des sozialen Miteinanders in ihrem Leben. So verwundert es nicht, dass sich berufliche, private und auch geschäftliche Interessen hier berühren und auch miteinander kollidieren.

Einerseits steht die private Nutzung solcher Netzwerke während der Arbeitszeit im Widerspruch zum Interesse des Arbeitgebers, dass die Arbeitszeit nicht für private Vergnügungen genutzt werden darf. Andererseits sehen viele Arbeitgeber mittlerweile die privaten Netzwerke ihrer Mitarbeiter als Quelle an, um diese auch für geschäftliche Zwecke zu nutzen. Wenn jedoch trotz eines Verbotes des privaten Internetnutzung „facebook.com“ monatlich auf Platz eins der besuchten Internetseiten im Unternehmen steht und wenn einem Unternehmen wichtige Projektdaten oder gar Kunden abhandenkommen, weil ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt und seine Profile in sozialen Netzwerken mitnimmt, so sollte das Unternehmen hierauf reagieren und wissen wie es mit Social Media-Nutzung im Unternehmen umgehen kann und will.

Social Media-Nutzung als Arbeitsinstrument

Die Pflicht zur Anmeldung

Die Social Media-Nutzung im Unternehmen zu rein beruflichen Zwecken unterliegt in seiner näheren Ausgestaltung dem Weisungsrecht des Arbeitgebers (§ 106 Gewerbeordnung). Allerdings ist es dem Arbeitgeber nur sehr begrenzt möglich, Mitarbeiter zum Anlegen von persönlichen Profilen zu verpflichten. Insbesondere in den Umgebungen, in denen die verfolgten Zwecke auch oder sogar nur über Firmenprofile möglich und/oder erlaubt sind, kommt die Verpflichtung eines Mitarbeiters zum Anlegen eines privaten Profils nicht in Betracht. So können für Unternehmen beispielsweise auf Facebook und Xing bereits eigene Profile angelegt werden, die dann von Mitarbeitern betreut werden können, so dass private Profile nicht mehr notwendig sind. Allein in Netzwerken, in denen Marketing-, Öffentlichkeitsarbeits-Zwecke oder Zwecke des viralen Marketings[1] verfolgt werden, könnte das Direktionsrecht eine bereits bestehende Leistung- oder Nebenpflicht ausfüllen und den Mitarbeiter zum Anlegen eines privaten Profils verpflichten. Dies könnte man dann sehen, wenn der betroffene Mitarbeiter zum Beispiel in einem der genannten Bereiche oder z.B. in der Personalberatung tätig ist[2]. Diese Verpflichtung sollte dann jedoch nicht dem Direktionsrecht überlassen bleiben, sondern am besten schon im Arbeitsvertrag festgelegt werden (dazu unten mehr) und die Kosten für das Profil sollten – natürlich – vom Arbeitgeber übernommen werden.

Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers ist zwingend zu beachten

Aber selbst bei Bestehen einer solchen Leistungs- oder Nebenpflicht muss beim Anlegen und beim Umfang des Profils auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen geachtet werden. Bei dem Umfang der einzustellenden Daten darf nicht vernachlässigt werden, dass diese fortan weltweit und für sehr lange Zeit abrufbar sein werden. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch die Social Media-Nutzung im Unternehmen ist also nicht unerheblich, so dass eine genaue Abwägung stattfinden sollte. Manche Unternehmen gestatten Ihren Mitarbeitern aus diesem Grund im Internet mit Pseudonymen zu arbeiten, so dass ein Rückschluss für einen Außenstehenden auf eine bestimmte Person ausgeschlossen ist.

Eine Verpflichtung des Mitarbeiters schon im Arbeitsvertrag kann zu Ergebnissen mit mehr Rechtssicherheit führen. Arbeitsverträge unterliegen der Inhaltskontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 310, 305 ff. BGB). Damit hier keine unangemessene Benachteiligung entsteht und die Regelung damit unwirksam wäre (§ 307 Abs. 1 BGB), ist die konkrete Regelung wiederum am Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters zu messen, wie oben beschrieben. Nur so kann eine unzumutbare Belastung vermieden werden. Der Vorteil im Arbeitsvertrag besteht also in der besseren Beweissituation für den Arbeitgeber und der Möglichkeit für den Arbeitnehmer an der Regelung mitzuwirken. Allerdings wurden solche Klauseln noch nicht durch Rechtsprechung bestätigt oder verworfen, in der Literatur ist die Wirksamkeit solcher arbeitsvertraglicher Klauseln umstritten[3]. Soll die Social Media-Nutzung im Unternehmen arbeitsvertraglich festgeschrieben werden, sind diese Umstände somit zwingend zu beachten.

Verhaltensanweisungen für die Social Media-Nutzung im Unternehmen

Mitarbeiter, die das Unternehmen im Internet repräsentieren, sollen dies auch „richtig“ machen. Andernfalls wird die Social Media-Nutzung im Unternehmen schnell zum Problem. Fraglich ist, ob der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer immer gleich sehen, was „richtig“ ist und was nicht. Fraglich ist sodann, inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts Einfluss auf das Verhalten des Mitarbeiters nehmen darf.

Grundsätzlich gilt: Im rein beruflichen Umfeld ist dem Arbeitgeber eine Verhaltensanweisung möglich, im privaten Umfeld nicht. Allerdings gibt es auch hier einige Besonderheiten zu beachten:

  • Je höher eine Stellung eines Mitarbeiters im Unternehmen  ist, umso mehr wirken die Verhaltenspflichten auch in dessen Privatbereich hinein: Ein hoch gestellter Arbeitnehmer repräsentiert das Unternehmen z.B. oft auch in gesellschaftlichen Anlässen, die als solche nicht geschäftlich angesehen werden, bei denen man aber die Person mit dem Unternehmen in Verbindung bringt. Ein hoch gestellter Mitarbeiter muss also größere Sorgfalt in seinem gesamten Verhalten walten lassen und Rücksicht darauf nehmen, ob er nun gerade in der konkreten Situation zumindest auch das Unternehmen repräsentiert.
  • Bei Meinungsäußerungen prallen das Recht auf eine freie solche (Art. 5 Abs. 1 GG) zusammen[4] mit dem Recht des Arbeitgebers auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG). Demnach sind alle Äußerungen zu unterlassen, die einem berechtigten Interesse des Unternehmens zuwiderlaufen, sofern die Meinungsäußerungsfreiheit dadurch nicht unangemessen eingeschränkt wird. Entscheidend kann dabei auch der potenzielle Empfängerkreis der Äußerung sein[5]. Eine einzelne Nachricht an ein anderes Mitglied innerhalb des Netzwerks wiegt nicht so schwer wie das Posting in einer stark besuchten Newsgroup. Ist eine Rücksichtnahmepflicht danach gegeben, ist eine Weisung zulässig[6]. Bei dieser Abwägung ist grundsätzlich auf den Einzelfall abzustellen, eine generelle Lösung kann hier nicht aufgezeigt werden.
  • Im privaten Umfeld stellt die betriebliche Treuepflicht den Rahmen für die Anweisungen des Arbeitgebers dar. So kann der Arbeitgeber verlangen, dass von Mitarbeitern insbesondere, aber nicht nur, in Zweifelsfällen eindeutig festgelegt wird, ob er gerade für das Unternehmen spricht oder nicht. Arbeits- und Betriebsgeheimnisse sind generell geheim zu halten. Kritik am Arbeitgeber ist möglich, solange er dem Unternehmen damit keinen Schaden zufügt: Die Loyalitätspflicht des Mitarbeiters gebietet es, dass solche Missstände zunächst intern angesprochen werden. Bewerten oder kommentieren Mitarbeiter aus dem privaten Umfeld heraus Produkte oder Aktionen eines Unternehmens, kann der Arbeitgeber verlangen, dass sich die Mitarbeiter als solche zu erkennen geben, um keine Wettbewerbsverstöße wie Schleichwerbung zu begehen. Beleidigungen oder Schmähkritik am Arbeitgeber sind – wie überall anders auch – natürlich auch im Internet strafbar und können zur fristlosen Kündigung führen.

Social Media-Nutzung im Unternehmen für/gegen Bewerber

Die Nutzung der in sozialen Netzwerken vorhandenen Daten, um Bewerber zu bewerten, wird bereits von vielen Unternehmen genutzt. Hier ist es zu begrüßen, dass eine Tendenz festzustellen ist, den aus privaten Netzwerken wie Facebook gewonnenen Informationen nicht allzu viel Gewicht beizumessen, eben gerade weil sie aus dem privaten Umfeld der Bewerber stammen und deshalb für die fachliche Qualifikation keinen oder nur geringen Aussagewert haben.

In den letzten drei Jahren ging die gesetzgeberische Tendenz und zum Teil auch die Rechtsprechung in die Richtung, „beruflich orientierte“ Netzwerke wie Xing zu solchen Recherche-Zwecken zuzulassen und andere Netzwerke im eher privaten Umfeld wie Facebook hiervon auszuschließen.

Beschäftigtendatenschutz 2010

So enthält der Entwurf zum neuen Beschäftigtendatenschutz von 2010[7] einen neuen § 32 BDSG-E, der in Absatz 6 eine Regelung zu sozialen Netzwerken enthielte: Der potenzielle Arbeitgeber ist danach befugt, allgemein zugängliche Daten ohne Mitwirkung des Bewerbers zu erheben, wenn nicht schützenswerte Interessen des Bewerbers entgegenstehen. Bei Daten aus sozialen Netzwerken soll das schutzwürdige Interesse des Bewerbers überwiegen, soweit es sich nicht um solche Netzwerke handelt, die der Darstellung der beruflichen Qualifikation dienen. Netzwerke wie  XING und Linkedin könnten also hiernach auch künftig für solche Recherchen genutzt werden. Allerdings begründet das Gesetz eine Informationspflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Bewerber. Er muss den Bewerber vor Erhebung von personenbezogenen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen über die Recherche unterrichten. Das kann zum Beispiel durch einen Hinweis in der Stellenausschreibung geschehen. Eine heimliche Recherche, ohne den Bewerber in Kenntnis zu setzen, wäre danach rechtlich unzulässig. Ebenso wäre eine Recherche in „privat orientierten“ Netzwerken demnach unzulässig.

Geplantes Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz bereits überholt

Dass das Beschäftigtendatenschutzgesetz von 2010 nicht zur Verabschiedung gelangte, ist an dieser Stelle begrüßenswert, da diese Regelung wohl schon überholt wäre: Die sozialen Netzwerke betrachten immer ganzheitlicher das gesamte Leben eines Menschen und unterstützen ihn sowohl in privaten wie auch beruflichen Bereichen mit Anwendungen wie Kalendern, Organisationstools und der überall zugänglichen Bereitstellung von eigenen Daten und Informationen. Nachdem die großen Netzwerke wie Google+ oder Facebook z.B. Unterteilungen in ihren Freundes- und Bekanntenkreisen in enge Freunde und weniger enge Freunde ermöglichen und danach auch die Sichtbarkeit der Inhalte selbst gesteuert werden kann, ist die Unterteilung in thematisch orientierte Netzwerke so nicht (mehr) zeitgemäß[8]. Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass jeder alles an Inhalten sehen kann. War die Anmeldepflicht in der Vergangenheit in Bezug auf die Zugänglichkeit der Daten eine eher zu vernachlässigende Hürde, sind die neuen Steuerungsmöglichkeiten der Nutzer zur Sichtbarkeit der Inhalte ein wirksames Instrument für die Selbstdarstellung in dieser Öffentlichkeit.

Bewerber-Recherche in Social-Media heute

Nachdem es denen neuen § 32 BDSG-E nun (noch) nicht gibt, stellt sich die Frage der momentanen, rechtlichen Zulässigkeit solcher Recherchen. Zunächst einmal ist klarzustellen, dass das BDSG Bewerber bereits eindeutig zur Gruppe der „Beschäftigten“ zählt. Sie werden als eigene Gruppe in
§ 3 Absatz 11 Nr. 7 BDSG hierzu gerechnet. Als Rechtsgrundlage für den Umgang mit Beschäftigtendaten scheidet im Folgenden allerdings der schon vorhandene § 32 BDSG für solche Recherchen aus. Zwar enthält er eine Erhebungsbefugnis für Daten, die zur Begründung des Beschäftigtenverhältnisses erforderlich sind. Die Ergebnisse von Recherchen im Internet sind jedoch in keinem Fall erforderlich für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Aus demselben Grund scheiden auch § 28 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 BDSG aus: Nr. 1 wird durch § 32 BDSG ersetzt und Nr. 2 setzt ebenfalls voraus, dass die Datenerhebung „erforderlich“ wäre. Bleibt also die Nr. 3 des § 28 Absatz 1 übrig. Danach müssten die Daten allgemein zugänglich sein und das schutzwürdige Interesse des Bewerbers an der Nutzung darf das Interesse des Arbeitgebers nicht offensichtlich überwiegen.

Zwang zur Anmeldung schließt allgemeine Zugänglichkeit nicht aus

In der Vergangenheit gingen einige Ansichten[9] davon aus, dass bereits der Zwang zur Anmeldung in den Netzwerken das Kriterium der allgemeinen Zugänglichkeit ausschließen würde. Dies ist aufgrund der weiten Verbreitung (30 Millionen Deutsche nutzen Facebook) und dem Fehlen echter Zugangsvoraussetzungen jedoch heute auszuschließen. Das bloße Erfordernis einer Anmeldung, die jedermann ohne weitere Kriterien vollziehen kann, ist als Kriterium, um die allgemeine Zugänglichkeit einzuschränken, untauglich. Stellt sich also im Weiteren die Frage, ob der Bewerber an den Daten, die jedermann in den Netzwerken von ihm sehen kann, ein höheres, schutzwürdiges Interesse hat, als der potenzielle Arbeitgeber. Hier dient für einige Ansichten[10] als Kriterium das Veröffentlichen dieser Daten im „freien“ Internet, also nicht in einem der Netzwerke: Wenn jemand seine Daten frei zugänglich im Internet (auffindbar über Suchmaschinen) veröffentlicht, so hat er auch kein schutzwürdiges Interesse mehr an diesen Daten, das das Interesse des Arbeitgebers überwiegen würde. Der Nutzer ist sich regelmäßig bereits bei Registrierung in sozialen Netzwerken bewusst, dass er seine Daten grundsätzlich einer Vielzahl von Personen preisgibt, die nicht gesondert geprüft werden und sich schnell registrieren können, so dass er selbst mit einer allgemeinen Zugänglichkeit rechnen muss[11].

Gehen wir also heute davon aus, dass die Netzwerke allgemein zugänglich sind, und gehen wir weiter davon aus, dass der Bewerber darüber hinaus sogar die Möglichkeit der Einschränkung in Bezug auf die Zugänglichkeit seiner Daten gegenüber verschiedenen Nutzerkreisen hat, so kann für die zugänglichen Daten ebenfalls nicht mehr von einem überwiegenden Interesse des Bewerbers ausgegangen werden[12]. Dies gilt umso mehr, wenn der Bewerber selbst in seinen Unterlagen auf sein Profil hinweist.

Jüngste Arbeitsrechtsprechung Indiz für allgemeine Zugänglichkeit

Ein Indiz für die allgemeine Zugänglichkeit sind auch die in der jüngeren Vergangenheit ergangenen, arbeitsrechtlichen Urteile zu Kündigungen wegen Beleidigungen des Arbeitgebers durch den Mitarbeiter auf Facebook. In den Urteilen wird einhellig davon ausgegangen, dass es für den Arbeitgeber kein Problem sei, solche Äußerungen auf Facebook wahrzunehmen[13]. Die Tatsache, dass die Äußerung ggf. nur in einem eingeschränkten Nutzerkreis getätigt wurde, wird dabei nur als Bewertungskriterium für die Schwere des Verstoßes genutzt, nicht jedoch dafür, ob überhaupt eine Beleidigung vorliegt[14].

Abschließend kann also gesagt werden, dass die sogenannten Background-Checks von Bewerbern in sozialen Netzwerken rechtlich noch umstritten sind. Nach der hier vertretenen Ansicht und ohne weitere gesetzliche Regelungen hierzu ist jedoch eine Recherche in allen sozialen Netzwerken nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BDSG zulässig. Abschließend ist anzumerken, dass allerdings viele Netzwerke die Recherche und Nutzung der Daten für gewerbliche Zwecke untersagen, so dass regelmäßig ein Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen vorläge, der zivilrechtlich zu ahnden wäre. Netzwerke, die die Informationen gerade für eine solche Recherche zur Verfügung stellen wollen wie z.B. Xing, verzichten auf solche Regelungen in ihren AGB.

Haftung für Arbeitgeber und Mitarbeiter

Im Folgenden sollen Haftungsrisiken für Arbeitgeber und Beschäftigte im Zusammenhang mit rechtlichen Vorfällen in einer Social-Media-Umgebung und Maßnahmen zu Minimierung solcher Risiken aufgezeigt und erläutert werden.

Nach den §§ 7 und 10 TMG sind Arbeitgeber grundsätzlich für die Handlungen und Inhalte ihrer Mitarbeiter verantwortlich und haften damit für die Beseitigung des Verstoßes, für die künftige Unterlassung desselben, die Kosten von Anwälten und Gerichten und ggf. auf Schadensersatz. Eine Reduzierung dieser Haftung kann erreicht werden, durch eine gute Instruktion der Mitarbeiter und der Möglichkeit, diese auch  nachträglich zu beweisen, sowie einer klaren Definition des Arbeitsauftrages gegenüber den Mitarbeitern. Denn für Handlungen, die gegen die Instruktion des Arbeitgebers verstoßen oder sich klar außerhalb des Arbeitsauftrages bewegen, haftet der Arbeitgeber nicht, sondern der Beschäftigte selbst.

Abgrenzung der Regelungen nur schwer möglich

Diese an sich zunächst recht klaren Regeln lassen sich jedoch im Social-Media-Umfeld heutzutage nur noch schwer im Einzelnen voneinander abgrenzen. Durch die All-Verfügbarkeit der Daten und die vielfältigen Zugangsmöglichkeiten sollte für die Definition des Arbeitsauftrages auf die Kriterien Zeit und Ort vollständig verzichtet werden. Vielmehr sollten die Aufgaben, die ein Mitarbeiter in diesem Umfeld zu erledigen hat, klar definiert und der instrumentelle Rahmen, in dem er sich bewegen darf, vorgegeben sein. Wann und wo er diese Aufgaben erledigt, ist dabei zunächst unerheblich. Wird der Arbeitsauftrag auch zeitlich ganz eindeutig auf die Arbeitszeit beschränkt, ist jedoch auch eine Haftung für außerhalb dieser Zeit begangene Rechtsverstöße ausschließbar.

Bei der Überschreitung von Befugnissen innerhalb eines Arbeitsauftrages haftet der Arbeitgeber, wenn er nicht nachweisen kann, dass er seine Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt und instruiert und dies auch kontrolliert hat. Eine Haftung wegen fehlerhafter Auswahl des Mitarbeiters kann dann entstehen, wenn bei der Übertragung der Aufgaben nicht ausreichend darauf geachtet wurde, dass derjenige auch zu deren Erfüllung im Stande ist. Dafür kommen sowohl fehlende fachliche Eignung wie auch bereits gezeigtes, ungeeignetes Verhalten (z.B. gegenüber Kunden) in Betracht. Zur ausreichenden Instruktion gehört sodann eine ausführliche Einweisung in die Aufgaben und deren Ziele und die dazu zu nutzenden Instrumente (Software, Materialien, Netzwerke bzw. Plattformen) und Optionen (z.B. zum Anlegen von Accounts, Profilen oder Aktionen, Publikationen). Die Einhaltung dieser Vorgaben sollte durch Vorgesetzte gelegentlich (z.B. wöchentlich) kontrolliert werden.

Begeht der Mitarbeiter einen Rechtsverstoß im privaten Umfeld und gibt sich dabei den Anschein, für das Unternehmen zu handeln, so haftet der Arbeitgeber ebenfalls, wenn er dieses Verhalten kennt und duldet. Dies kann der Fall sein, wenn Mitarbeiter privat etwas veröffentlichen, dass thematisch jedoch klar mit dem Unternehmen zu tun hat, z.B. das Führen eines fachbezogenen Blogs oder Diskussionen in Fach-Foren und er dabei auch noch seine geschäftliche Email-Adresse angibt. Kennt der Arbeitgeber diese Tätigkeit und duldet sie, um vielleicht die wirtschaftlichen Vorteile zu nutzen, haftet er auch für die dabei begangenen Rechtsverstöße seines Mitarbeiters. Um dies zu vermeiden, sollten die Mitarbeiter angewiesen werden, in solchen Fällen ganz klar zu stellen, dass sie nicht im Namen des Unternehmens sprechen und handeln. Die geschäftliche Emailadresse sollte im privaten Umfeld nicht zum Einsatz kommen.

Zum grundsätzlichen Umgang mit dem Internet und der Instruktion der Mitarbeiter kann einem Unternehmen die Verwendung von sogenannten Social Media Guidelines empfohlen werden. Dazu mehr im folgenden Abschnitt.

Social Media Guidelines

Im Folgenden sollen Hinweise und Anregungen gegeben werden, um für das Unternehmen passende Social-Media-Guidelines zu erstellen, die für eine ausgewogene Nutzung von sozialen Netzwerken und kommunikativen Online-Medien sorgen.

Die folgenden Punkte und Überlegungen sollten dabei oder darin Berücksichtigung finden:

  • Unternehmensausrichtung: (Er-)klären Sie das Außenbild des Unternehmens, das in der Öffentlichkeit dargestellt werden soll. Zeigen Sie ein Bild oder eine Vision auf, die dem Einzelnen deutlich macht, wie das Unternehmen wirken soll.
  • Bedeutung von Social Media: Folgende Fragen sollten Sie klären: Wie wichtig ist „Social Media“ für die Unternehmensziele?  Von wie vielen Mitarbeitern werden diese zumindest zum Teil beruflich genutzt? Welche Bereiche des Unternehmens haben Berührungspunkte zu diesen Medien? Macht vielleicht eine Untergliederung mit unterschiedlichen Anweisungen je nach Aufgabenbereich Sinn?
  • Ist es notwendig, das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter durch Pseudonyme zu schützen, so dass ein Rückschluss auf die echte Person nicht möglich ist?
  • Erläuterung von Haftungsrisiken: Erklären Sie die rechtlichen Fallstricke, die sich aus Meinungsäußerungen oder der Verwendung fremder Inhalte wie Bilder oder Videos ergeben können. Zeigen Sie die wettbewerbsrechtlichen Grenzen von Marketing-Maßnahmen auf.
  • Legen Sie eindeutig fest, ob Ihre Guidelines nur unverbindliche Hinweise sein sollen, dann sind keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen bei Verstößen möglich, oder ob diese verbindliche Regelungen darstellen sollen, die im Zweifel auch arbeitsrechtliche Auswirkungen haben können.

Sollen die Guidelines verbindlich sein achten Sie auf die Einhaltung folgender Punkte:

  1. Halten Sie sie sachlich und nachvollziehbar
  2. Legen Sie die Verbindlichkeit eindeutig fest und weisen Sie auf Konsequenzen hin
  3. Regelungen nur im Rahmen des Weisungsrechts und
  4. nur eingeschränkt für den privaten Bereich (vgl. oben zur Betriebstreue)
  5. ggf. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates beachten

Guideline-Inhalte, die geregelt werden können:

  • Einleitung bzw. Erläuterung wozu die Guidelines dienen
  • Wer ist zuständig für Koordination von Social Media im Unternehmen?
  • Umfang der dienstlichen bzw. privaten Nutzung während und außerhalb der Arbeitszeit
  • Verantwortung des Einzelnen für Inhalte
  • Vorgehen beim Anlegen neuer Projekte
  • Wie halte ich rechtliche Vorgaben ein – Compliance?
  • Transparenz: Bin ich privat oder beruflich unterwegs?
  • Verhalten und Auftreten, Ausdrucksweise
  • Wahrheitspflicht
  • Umgang mit
    • Kritik
    • Mitbewerbern
    • Fehlern
    • Unsachlichkeit Anderer
    • Löschen von Beiträgen
    • rechtwidrigen Inhalten
    • Krisensituationen
  • Welche Inhalte sind gewünscht?
  • Umgang mit Interna und Betriebsgeheimnissen
  • Folgen bei Verstößen gegen Guidelines
  • Was tun bei Fragen und Zweifeln?

Marketing-Maßnahmen in Social Media

Neben der Koordination im Umgang mit sozialen Netzwerken in Bezug auf die eigenen Mitarbeiter sei hier am Rande erwähnt, dass auch andere Rechtsgebiete im medialen Umfeld Grenzen aufzeigen. So ist beispielsweise das „Erkaufen“ von Nutzermeinungen mit positiven Bewertungen für ein Unternehmen oder das Platzieren von negativen Artikeln gegen einen Mitbewerber ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen, da hierbei der Werbecharakter der Maßnahme verschleiert wird. Dies ist nach § 4 Nr. 3 UWG[15] sowie Nr. 11 der „schwarzen Liste“ des UWG im Anhang zu § 3 Abs. 3 wettbewerbswidrig und stellt außerdem einen Verstoß gegen die Informationspflicht bei kommerzieller Kommunikation im Internet (§ 6 TMG) dar. Wettbewerbsverstöße können mit einer Strafe von bis zu 50.000 EUR geahndet werden.

Ähnlich riskant ist sogenanntes virales Marketing, bei dem z.B. kurze Videospots in Portale wie Youtube eingestellt werden, die auf den ersten Blick nicht als Werbung zu erkennen sind, weil sie auch Unterhaltungswert besitzen. Ist aber der Werbecharakter für den durchschnittlichen Nutzer nicht eindeutig erkennbar, so kann ebenfalls ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vorliegen, da dem Video eine entsprechend eindeutige Kennzeichnung als Werbung fehlt[16].

 


[1] s. dazu auch unten Punkt 1.4.

[2] so i.E. auch Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1332.

[3] zustimmend: Gabriel, MMR-Aktuell, 2011 Meldung 316759; ablehnend: Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1333.

[4] vgl. ArbG Bochum, Urteil vom 29.3.2012 – 3 Ca 1283/11: Kündigung eines Azubis wegen Beleidung des Arbeitgebers in sozialem Netzwerk; sowie: Arbeitsgericht Duisburg, 5 Ca 949/12, Urteil vom 26.9.2012: Kündigung wegen Beleidigung von Kollegen auf Facebook.

[5]  LAG Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 18.08.2008 – 10 TaBV 885/08.

[6] vgl. Fahrig, NZA 2010, 975, 977.

[7] BT-Drs. 17-4230, Entwurf v. 15.12.2010.

[8] so i.E. auch Ernst, NJOZ 2011, S. 953 (955).

[9] so z.B. Taeger, in Taeger/Gabel, BDSG, 2010, § 28, Rn. 82

[10] Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, S. 2433 (2437); Rolf/Rötting, RDV 2009, S. 263 (266).

[11] so i.E. auch Hoormann, DSRI-Tagungsband, 2011, 577 (582).

[12] so auch Forst, NZA 2010, S. 427 (431); Hoormann, DSRI-Tagungsband, 2011, 577.

[13] vgl. z.B. LAG Hamm, Urteil vom 10.10.2012, 3 Sa 644/12.

[14] vgl. ArbG Duisburg, Urteil vom 26.9.2012, 5 Ca 949/12.

[15] Vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 2011, § 4, Rn. 3.41.

[16] Vgl. Leitgeb, Virales Marketing, ZUM 09, 39 (46); Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 2010, § 4, Rn. 3/37.