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Kleine und mittlere Unternehmen in der Lieferkette (LkSG)

Im Zusammenhang mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Handreichung mit den aus seiner Sicht wichtigsten Fragen und Antworten für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zur „Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern“ veröffentlicht. Dies soll den Zulieferern, die selbst nicht durch das LkSG verpflichtet sind, einen Leitfaden an die Hand geben, wie sie mit Forderungen von großen Kunden, die selbst durch das LkSG verpflichtet sind, am besten umgehen.

Keine gesetzlichen Pflichten der KMU aus LkSG

Das BAFA stellt sogleich klar, was der Zulieferer – zumindest nach dem Gesetz – nicht zu leisten hat: Er muss keine eigene Risikoanalyse durchführen, keine Präventions- und Abhilfemaßnahmen prüfen, kein eigenes Beschwerdeverfahren einrichten und keine Berichte an die BAFA übermitteln.

Beanspruchung der KMU durch Vertragspartner

Sodann gibt das BAFA allerdings zu, dass die verpflichteten Unternehmen ihre eigenen Sorgfaltspflichten nur mithilfe ihrer Zulieferer erfüllen können – dies liegt in der Natur der Sache, da es um die Einhaltung von menschenrechtlichen und umweltbezogenen Standards in der Lieferkette geht. Nun möchte das BAFA kleine und mittlere Unternehmen vor übergriffigen Kunden warnen, die von ihren Zulieferern wahllos Informationen anfordern oder gar versuchen, ihren eigenen LkSG-Pflichten dadurch zu entgehen, dass sie diese auf ihre Zulieferer abwälzen.

Abwehr von pauschaler und überfordernder Inanspruchnahme

So rät das BAFA den KMU, bei der Anforderung von Daten durch den Kunden auf die Begründung zu achten – nämlich die, dass eine Risikoanalyse durchgeführt wurde und sich daraus gewisse Fragen an den Zulieferer ergeben – und diese gegebenenfalls einzufordern. Außerdem ermahnt das BAFA die KMU, ihren Kunden keine Geschäftsgeheimnisse preiszugeben, was im Grunde selbstverständlich ist.

Zulieferer sollten einem verpflichteten Unternehmen, so rät das BAFA richtigerweise, nicht pauschal die Erfüllung aller Pflichten aus dem LkSG – die diese ohnehin nicht treffen – und die Einhaltung aller LkSG-Standards in ihren Lieferketten gewährleisten. Durch dieses Zusicherungsverlangen, so das BAFA, würde das verpflichtete Unternehmen gegen das LkSG verstoßen.

Verlangt ein Kunde die Beteiligung an Präventionsmaßnahmen, beispielsweise an Schulungen, von seinem Zulieferer, sollte letzterer sich vom Kunden konkret darlegen lassen, welche Risiken durch diese Maßnahme minimiert werden sollen. Erst recht sollte der Zulieferer das Konzept seines Vertragspartners hinterfragen, wenn die Durchführung von Abhilfemaßnahmen, die ihn womöglich überfordern, von ihm verlangt wird.

Strategie und Ausblick für KMU

So recht das BAFA mit seinen Hinweisen hat, zeigt es eine konfrontative Situation zwischen vom LkSG verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern auf, die zwar entstehen kann, aber nicht muss. Zunächst ist es unwahrscheinlich, dass der modus operandi von großen Unternehmen darin bestehen wird, alle Zulieferer unabhängig vom festgestellten Risiko in derselben Weise in die Pflicht zu nehmen, da das Risikomanagement für die Unternehmen einen großen Aufwand darstellt. So werden sie froh sein, einen Großteil ihrer Zulieferer in die Kategorie „geringes Risiko“ einteilen zu können, was dann ihrerseits weniger Aufwand und weniger „Eingriffe“ in den Geschäftsbereich des Zulieferers bedeutet.

Sodann sind die Zulieferer gut beraten, ihrerseits eine aktive Herangehensweise an die Problematik des LkSG und eine entsprechende Strategie zu entwickeln. Dies hat zwei Gründe:

Erstens bringt es die KMU im „Ranking“ der großen Unternehmen nach oben, wenn sie ihnen eine Kooperation anbieten und ein eigenes Risikomanagement, etwa mit einem eigenen Beschwerde- und Abhilfeverfahren, einrichten. Dies stärkt gleichzeitig ihre Verhandlungsposition gegenüber den großen Kunden im Vergleich zu der Situation, in welcher sie sich den Umgang mit Risiken vom Vertragspartner „diktieren“ lassen.

Zweitens hat die EU-Kommission bereits im Februar 2022 einen Richtlinienvorschlag über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D)) erlassen, welcher in seinem Anwendungsbereich deutlich mehr Unternehmen erfasst als das deutsche LkSG. Betroffen werden Unternehmen schon ab einer Schwelle von 500 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von 150 Mio. € im letzten Geschäftsjahr sein. Darüber hinaus werden Unternehmen, die diese Schwelle zwar nicht erreichen, jedoch in einem risikobehafteten Sektor (etwa der Textil- und Lebensmittelindustrie) mehr als 50 % ihres Nettoumsatzes erzielen, mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigen und einen Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. € im vergangenen Geschäftsjahr ausweisen, gemäß dem Richtlinienentwurf verpflichtet werden. Hier lohnt sich eine vorausschauende Planung der betroffenen Unternehmen im Hinblick auf die eigenständige Erfüllung von Sorgfaltspflichten. Diesen und den als Zulieferer durch das LkSG betroffenen Unternehmen stehen wir beim Umgang mit den sich hieraus ergebenden Herausforderungen zur Seite.

Mögliche Pflichten von Zulieferern nach dem LkSG

Nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz: Lieferkettengesetz bzw. LkSG verpflichtete Unternehmen – also solche, die im Inland mindestens 3.000, ab 1. Januar 2024 mindestens 1.000 Arbeitnehmer haben – haben durch das LkSG keine neuen gesetzlichen Rechte erhalten, um die Einhaltung der geforderten Sorgfaltspflichten innerhalb der Lieferkette durchzusetzen. Deshalb müssen sie, um ihren Sorgfaltspflichten gerecht zu werden, ihren unmittelbaren Zulieferern gewisse vertragliche Pflichten auferlegen.

Compliance und Weitergabe-Klauseln

So sind die Unternehmen gem. § 6 IV Nr. 3 LkSG ausdrücklich dazu verpflichtet, von ihren unmittelbaren Zulieferern die Einhaltung der „von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen“ sowie deren „angemessene Adressierung“ entlang der Lieferkette zu verlangen.

Auditierungsklauseln

Zur Durchführung der vom LkSG geforderten Risikoanalyse bei einem unmittelbaren Zulieferer und zur Kontrolle der Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen gem. § 6 IV Nr. 4, V LkSG werden Unternehmen mit ihren Zulieferern Audit-Klausel vereinbaren, welche ihnen in Bezug auf den Betrieb des unmittelbaren Zulieferers gewisse Einsichts- und Prüfungsrechte gewähren.

Schulungen und Weiterbildungen

Da die Unternehmen nach § 6 IV Nr. 3 LkSG verpflichtet sind, bei dem unmittelbaren Zulieferer Schulungen und Weiterbildungen zur Durchsetzung von dessen vertraglichen Zusicherungen durchzuführen, bietet sich die vertragliche Verankerung einer diesbezüglichen Duldungs- bzw. Durchführungspflicht an.

Duldung von Abhilfemaßnahmen und Kündigung als ultima ratio

Sollte eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht im Geschäftsbereich des unmittelbaren Zulieferers eingetreten sein oder unmittelbar bevorstehen, sind die Unternehmen nach § 7 LkSG verpflichtet, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Auch dies ist nur möglich, wenn sich der Zulieferer zuvor zur Duldung oder zur eigenhändigen Umsetzung der vom Kunden eingeleiteten Abhilfemaßnahmen verpflichtet hat. Bei einer schwerwiegenden Verletzung von Sorgfaltspflichten durch den unmittelbaren Zulieferer ist das Unternehmen unter Umständen sogar zum Abbruch der Geschäftsbeziehung mit dem Zulieferer verpflichtet, was ein spezielles, vertraglich verankertes Sonderkündigungsrecht voraussetzt.

Weitergabe der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Die „angemessene Adressierung“ der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen entlang der Lieferkette dürfte für die mittelständischen Zulieferer die schwierigste Aufgabe darstellen. Was genau damit gemeint ist, geht aus dem Gesetzestext nicht eindeutig hervor. Die Gesetzesbegründung zum LkSG spricht hier von einer „Weitergabeklausel“, mit welcher der Vertragspartner verpflichtet werden soll, „den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen eigenen Vertragspartnern durch geeignete vertragliche Regelungen durchzusetzen“. Dies würde bedeuten, dass bloße „Bemühensklauseln“ in der vertraglichen Ausgestaltung nicht ausreichen und die Zulieferer verpflichtet würden, ihre eigenen Zulieferer mit geeigneten vertraglichen Sanktionsmechanismen zur Einhaltung der geforderten Sorgfaltspflichten zu zwingen.

Sorgfaltspflichten in Bezug auf mittelbare Zulieferer

Wie weit die vertragliche Verpflichtung im Sinne einer „angemessenen Adressierung“ gegenüber den Zulieferern des Zulieferers tatsächlich gehen soll, dürfte allerdings im Wesentlichen davon abhängen, ob die direkt nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen Sorgfaltspflichten auch in Bezug auf ihre mittelbaren Zulieferer treffen. Diese werden sie mangels vertraglicher Beziehungen zu ihren mittelbaren Zulieferern nur über die vertragliche Verpflichtung ihrer direkten Zulieferer erfüllen können.

Der Gesetzgeber ist hier einen Mittelweg gegangen und erlegt den Unternehmen gem. § 9 III LkSG lediglich dann Sorgfaltspflichten in Bezug auf ihre mittelbaren Zulieferer auf, wenn ihnen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, „die eine Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern möglich erschienen lassen (substantiierte Kenntnis).“ So muss das Unternehmern bei seinen mittelbaren Zulieferern eine Risikoanalyse durchführen, wenn es von einer konkreten möglichen Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht erfährt – allerdings nur im Hinblick auf diese mögliche Verletzung. Dies kann etwa der Fall sein, wenn branchen- und/oder länderspezifisch eine Verletzung etwa des Verbots der Kinderarbeit durch den mittelbaren Zulieferer naheliegt, wobei eine Konkretisierung des Begriffs der „substantiierten Kenntnis“ durch die Rechtsprechung noch aussteht.

Sollte das Unternehmen feststellen, dass eine Verletzung beim mittelbaren Zulieferer eingetreten ist, muss es gem. § 9 III Nr. 3 LkSG ein Konzept zur Verhinderung, Beendigung oder Minimierung der Verletzung erstellen. Das Versäumnis, ein Abhilfekonzept zu erstellen oder umzusetzen, ist bußgeldbewehrt.

Konsequenzen für Vertragsgestaltung mit unmittelbaren Zulieferern

Auch wenn die Pflichten in Bezug auf mittelbare Zulieferer schwächer ausgestaltet sind und vor allem das Sanktionsrisiko für das Unternehmen geringer ist als im Bereich der unmittelbaren Zulieferer, ist es somit denkbar, dass mittelständische Zulieferer von ihren Kunden vertraglich zu einer angemessenen Auswahl, Verpflichtung und Kontrolle ihrer eigenen Zulieferer im Hinblick auf die Einhaltung der weitergegebenen menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen angehalten werden, sofern bei diesen ein menschenrechts- oder umweltbezogenes Risiko nicht ausgeschlossen ist. Dies würde zumindest dem mit dem LkSG verfolgten Ziel – der Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage – entsprechen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) empfiehlt den Unternehmen sogar, mittelbare Zulieferer auch in die regelmäßige, anlasslose Risikoanalyse zu integrieren. Ob und in welchem Ausmaß eine aus entsprechenden Vertragsklauseln folgende Einschränkung der Privatautonomie der unmittelbaren Zulieferer AGB-rechtlicher Kontrolle standhalten wird, ist abzuwarten. Für eine Beratung zum Lieferkettengesetz stehen wir von MKM + Partner gerne zur Verfügung.