Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 18.6.2014 (Az. I ZR 242/12) die persönliche Haftung von Geschäftsführern bei Wettbewerbsverstößen der Gesellschaft eingeschränkt. Der Geschäftsführer soll nur noch dann haften, wenn er persönlich an der unlauteren Wettbewerbshandlung beteiligt war oder verpflichtet gewesen wäre, einzugreifen.
Mit dieser Entscheidung ist der BGH von seiner ursprünglichen Linie abgerückt, die eine persönliche Haftung bereits dann bejahte, wenn der Geschäftsführer bloße Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß hatte und diesen nicht durch organisatorische Maßnahmen verhinderte (ständige Rechtsprechung seit Urteil v. 26.9.1985 – Az. I ZR 86/83).
BGH verneint generelle Organhaftung
Nach der neuesten Rechtsprechung kann eine persönliche Haftung des Geschäftsführers bei Wettbewerbsverstößen nicht mehr aus der abstrakten generellen Organhaftung des Geschäftsführers abgeleitet werden, die den Geschäftsführer allgemein für den Geschäftsbetrieb verantwortlich macht. In Zukunft kann ein Geschäftsführer für Wettbewerbsverstöße seiner Mitarbeiter nur noch persönlich haftbar gemacht werden, wenn er sie nach besonderen deliktsrechtlichen Grundlagen hätte verhindern müssen (sog. Garantenstellung). Weiterhin kann er persönlich haftbar gemacht werden, wenn er an den Wettbewerbsverstößen selbst beteiligt gewesen ist.
Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nur gegenüber Gesellschaft
Die gesetzliche Pflicht des Geschäftsführers (§ 43 Abs. 1 GmbHG) bzw. des Vorstandes (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG) zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung besteht lediglich gegenüber der Gesellschaft und nicht gegenüber etwaigen Dritten. Gerade aus dieser Pflicht der ordnungsgemäßen Geschäftsführung wurden bisher persönliche Haftungsansprüche Dritter gegen den Geschäftsführer abgeleitet. Da diese Pflicht aber, wie der BGH nun urteilte, eben nur gegenüber der Gesellschaft gelte, kann daraus von nun an keine persönliche Haftung bei Wettbewerbsverstößen mehr begründet werden.
Haftung kann sich auch anders ergeben
Grundsätzlich hat der BGH mit diesem Urteil die persönliche Haftung von Geschäftsführern beschränkt, die sich aus der generellen Organhaftung ergeben können. Es muss, damit eine Haftung bejaht werden kann, ein Grund vorliegen, der über die bloße Verantwortlichkeit des Geschäftsführers zu einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb hinausgeht. Solche Gründe könnten aus dem Bereich der Compliance stammen. Geschäftsführer einer GmbH bzw. Vorstände einer AG sind verpflichtet, Schaden von ihrem Unternehmen abzuwenden. Zudem kann auch ein Verstoß gegen die Pflicht ein ordnungsgemäßes Compliance-System aufzubauen, dass eventuell Wettbewerbsverstöße durch Mitarbeiter verhindert oder gemindert hätte, eine persönliche Haftung begründen. Als Beispiel für eine solche prinzipielle Bedeutung eines funktionierenden Compliance-Systems und etwaige Folgen zeigt das sog. „Neubürger-Urteil“ des Landgerichts München I (Newsletter 9/2014).