Wir alle kennen sie und wir alle verlassen uns auch in vielen Fällen auf sie: Die Bewertung in diversen Internet-Portalen. Sei es der Kauf eines Produkts, bei Buchen einer Dienstleistung und vielfach auch bei der Auswahl des Arbeitgebers – häufig hängt die Entscheidungsfindung von den Bewertungen in den einschlägigen Portalen ab.
Die eigene Online-Präsenz bringt es mit sich, dass sich Unternehmen den Urteilen der eigenen Mitarbeitenden, der Kunden und manchmal auch weiteren Dritten stellen müssen.
In diesem Beitrag wollen wir einen Überblick geben, welche Bewertungen geduldet werden müssen und wann sich ein Vorgehen gegen Bewertungen lohnt.
Der Grundsatz – Meinungsfreiheit oder warum ein Unternehmen kritische bis unfaire Bewertungen dulden muss
Im Grundsatz gilt: Wer im Internet zu finden ist, der muss damit rechnen, dass verärgerte Beschäftigte und Kunden sich mit einer negativen Bewertung für (empfundene) Schlechtbehandlung „revanchieren“.
Ob ein Vorgehen gegen eine Bewertung Aussicht auf Erfolg hat, hängt – wie sollte es auch anders sein – vom jeweiligen Einzelfall ab. Die Einzelfälle lassen sich grob in die nachfolgend dargestellten Kategorien einsortieren.
Meinung oder Schmähkritik
Besteht eine Bewertung aus der Meinung des Bewertenden, ist die Bewertung grundsätzlich von der in Artikel 5 Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit gedeckt und muss dann geduldet werden.
Unter „Meinung“ ist alles zu verstehen, was nicht einem Beweis zugänglich ist. Vereinfacht gesagt: eine Meinung ist dadurch gekennzeichnet, dass diese nicht als „wahr“ oder „unwahr“ eingestuft werden kann, also nicht objektiv überprüfbar ist. Die Meinung ist vielmehr vom Element der Stellungnahme, der Bewertung und der Beurteilung geprägt.
Allerdings hat auch die Meinungsfreiheit ihre Grenzen. Dies ist dann der Fall, wenn die Meinung die Grenze zur Schmähkritik übersteigt. Eine solche Schmähkritik liegt dann vor, wenn die Diffamierung des Bewerteten und gerade nicht die Auseinandersetzung mit der Sache im Vordergrund steht. Bei der Frage der Abgrenzung, ob eine Äußerung (gerade noch) im Zusammenhang mit der Sache steht, sind viele Gerichte sehr großzügig.
Dies zeigte sich in jüngster Vergangenheit an Äußerungen über eine Politikerin. So stellte das Kammergericht Berlin mittels Beschlusses (Beschluss vom 11.03.2020, Az. 10 W 13/20) – zur Überraschung vieler – fest, dass z.B. die Bezeichnungen „Dieses Stück Scheisse. Überhaupt so eine Aussage zu treffen zeugt von kompletter Geisteskrankheit.“ und „Schlampe“ einen Sachbezug zu einem von der Politikerin getätigten Zwischenruf im Berliner Abgeordnetenhaus hatten.
Erst auf Einschreiten des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 19.12.2021, Az. 1 BvR 1073/20) korrigierte das Kammergericht Berlin seine ursprüngliche Rechtsauffassung und stufte diese und weitere Begriffe als unzulässige Schmähkritik ein.Die Schmähkritik von der zulässigen Meinungsäußerung abzugrenzen, fällt nicht nur den Richterinnen und Richtern am Berliner Kammergericht schwer.
Aber eine genaue Prüfung, ob die Grenze zur Schmähkritik überschritten ist, ist entscheidend dafür, ob für die Löschung einer Bewertung (sehr) gute Erfolgsaussichten bestehen oder nicht.
(Unwahre) Tatsachen
Etwas einfacher als die Abgrenzung von zulässiger Meinungsfreiheit und Schmähkritik ist die Abgrenzung von Meinung und Tatsache. Im Gegensatz zur Meinung ist die Tatsache dem Beweis zugänglich. Eine Tatsache liegt immer dann vor, wenn diese auf den Wahrheitsgehalt hin überprüfbar ist.
In Bewertungen muss ein Unternehmen nur wahre Tatsachenbehauptungen dulden. Erweist sich eine Behauptung des Bewertenden jedoch als unwahr, lohnt sich in der Regel ein juristisches Vorgehen gegen den Bewertenden.
Dies ist z.B. auch dann der Fall, wenn Bewertende ein Unternehmen ohne Angaben weiteren Inhalts mit einem Stern bewerten, obwohl Bewertende und Bewerteter gar nicht in einer Kundenbeziehung oder in einem Beschäftigungsverhältnis standen. Dies ist in der Praxis durchaus nicht unrelevant, denn auch Mitbewerber können den Versuch unternehmen, die Konkurrenz durch schlechte Bewertungen zu diskreditieren.
Mischform: Meinung und Tatsachen
In der Praxis bestehen Bewertungen selten aus reinen Meinungen oder reinen Tatsachenbehauptungen. Vielmehr sind häufig beide Elemente in einer einzelnen Bewertung miteinander vermischt oder vereint. Können die geäußerten Tatsachen nicht von den Meinungen getrennt werden, ist auf den Gesamtkontext der Bewertung abzustellen. Hierbei ist dann der Schwerpunkt der Bewertung insgesamt zu ermitteln.
Auch im Rahmen dieser Abwägung wird die grundrechtlich geschützte Meinung sehr weit ausgelegt. Bei einer gemischten Äußerung wird in der Regel davon ausgegangen, dass diese als Meinung zu verstehen ist.
Aber auch hier lohnt sich eine genaue Prüfung des Einzelfalls zur Ermittlung der Chancen eines Vorgehens.
Wie kann MKM unterstützen?
Schlechte Bewertungen können für Unternehmen somit dazu führen, dass Bewerbungen ausbleiben oder Interessenten nicht zu Kunden werden. Aus diesem Grund sollten Sie Ihre Bewertungen stets im Blick haben.
Wir unterstützen Sie selbstverständlich gerne bei der Prüfung der Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen eine Bewertung bis hin zur gerichtlichen Auseinandersetzung mit den Bewertenden.
Haben Sie keine eigenen Kapazitäten für das Monitoring der Bewertungen Ihres Unternehmens auf diversen Plattformen? Wir übernehmen auch gerne das Monitoring und bereiten für Sie auf Wunsch die Entscheidungsgrundlage vor, ob Sie gegen eine Bewertung vorgehen möchten oder nicht. Sprechen Sie unser Team am besten einfach an!