DiRUG: Kleine Schritte in der Digitalisierung des Gesellschaftsrechts

Frei nach dem Motto „ein kleiner Schritt für die Menschheit, ein großer Schritt für den Staat“ wagt sich der deutsche Gesetzgeber – zugegeben durch Zwang aus der EU – einen kleinen Schritt hinein ins digitale Zeitalter. Einige bisher zwingend vor dem Notar vorzunehmende Rechtsgeschäfte und Handlungen können seit dem 01.08.2022 online durchgeführt werden.

Grund ist die das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG). Das DiRUG wurde bereits im Juli 2022, also noch vor Inkrafttreten, durch das Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiREG) erweitert.

1. Online-Gründung für Gesellschaften mit beschränkter Haftung

Seit August 2022 kann die notarielle Beurkundung bei Gründung einer GmbH oder UG online durchgeführt werden. Dafür gibt es aber einige Hürden, die es für die anstrebenden Gesellschafter zu überwinden gilt:

  • Grundsätzlich vom Online-Verfahren ausgeschlossen sind (zumindest zunächst) Gründungen, die eine Sacheinlage erfordern. Die Stammeinlage der zu gründenden GmbH oder UG muss also in bar erbracht werden.
  • Zum Gründungstermin muss verpflichtend das von der Bundesnotarkammer bereitgestellte Konferenzsystem genutzt werden. Kommerzielle Systeme wie z.B. Microsoft Teams sind nicht zulässig.
  • Um die Identifizierung der Gründer sicherzustellen, wird ihr Ausweisdokument über eine App der Bundesnotarkammer geprüft und das Lichtbild mit dem Erscheinungsbild des zukünftigen Gesellschafters abgeglichen. Dazu muss der Ausweis oder der Reisepass die eID-Funktionalität bieten. Problematisch ist dabei, dass diese Anforderungen bei alten Ausweisdokumenten oder außerhalb Deutschlands oft nicht erfüllt werden, selbst innerhalb der EU. Bei Drittstaaten wie den USA gibt es diese Funktion von vornherein nicht, sodass hier weiterhin eine persönliche Anreise – oder die Ausstellung eines speziellen elektronischen Aufenthaltstitels – erforderlich ist.
  • Anstatt des physischen Gründungsprotokolls erstellt der Notar eine elektronische Niederschrift, die durch eine qualifizierte elektronische Signatur zu unterzeichnen ist. Positiv anzumerken ist, dass dafür keine spezielle Hardware, wie z.B. ein Kartenlesegerät, erforderlich ist.

Stellt der Notar oder die Notarin im Einzelfall fest, dass die Anforderungen an das Beurkundungsverfahren nicht erfüllt sind, kann er oder sie die Beurkundung im Einzelfall ablehnen. Das könnte z.B. der Fall sein, wenn die Identität eines Beteiligten nicht verifiziert werden kann.

Handelt es sich aber um eine Bargründung und wird das oben geschilderte Verfahren eingehalten, können sich die zukünftigen (europäischen) Gesellschafter die eine oder andere Reise sparen.

2. Online-Beglaubigung von Registeranmeldungen

Dem soeben dargestellten Verfahren entsprechend können auch Anmeldungen zum Handelsregister, Partnerschaftsregister und Genossenschaftsregister online beglaubigt werden. Durch das DiREG gilt das nicht nur für ausgewählte Gesellschaftsformen, sondern für jegliche Unternehmen. Perspektivisch gilt das auch für Anmeldungen zum Vereinsregister (ziehe Ziffer 4).

3. DiREG: Blick in die Zukunft

Das DiREG bringt ab 01.08.2023 zudem folgende Änderungen:

  • Die Online-Gründung einer GmbH oder UG ist dann teilweise auch mit Sacheinlage möglich. Das gilt aber nur, wenn die Einbringung selbst keiner notariellen Beurkundung bedarf. Das ist gerade bei der praxisrelevanten Einbringung eines Grundstücks aber der Fall, sodass dann weiterhin vor Ort beurkundet werden muss.
  • Ab 2023 können auch bei Vereinen Registeranmeldungen online beglaubigt werden.
  • Nicht nur die Gründung, sondern auch satzungsändernde Beschlüsse von GmbHs und UGs können zukünftig online gefasst werden, jedoch nur, wenn der Beschluss einstimmig erfolgt. Zumindest bei Gesellschaften mit einem kleinen Gesellschafterkreis, wie es im Mittelstand häufig der Fall ist, oder bei Konzern-Tochtergesellschaften ist dies eine eindeutige Erleichterung.

4. Fazit

Es geht mit kleinen Schritten voran in eine digitalere Welt. Die Regelungen von DiRUG und DiREG sind jedoch, selbst in ihrer Zusammenschau, eher inselhaft. Insgesamt wird durch diese Patchwork-Lösung der bürokratische Aufwand im Gesellschaftsrecht nur sehr situationsabhängig verringert. Immerhin geht es vor allem bei der GmbH als häufigster deutscher Gesellschaftsform voran.

Insbesondere die Sicherheit bei der elektronischen Übertragung von Daten stellt bei Onlineverfahren seit jeher ein Problem dar. Das darf aber kein Grund sein, sich der Digitalisierung zu verschließen, damit Deutschland als attraktiver Wirtschaftsstandort zukunftsfähig bleibt.

Trotzdem: Die Bundesregierung hat den kleinen Zeh ins Wasser gehalten, wenn sie sich nicht verbrüht, kann auf eine weitere Modernisierung des Rechts gehofft werden. Das nachgeschobene DiREG zeigt, dass man durchaus Hoffnung haben darf.

Dieser Artikel kann die Änderungen in DiRUG und DiREG natürlich nur auszugsweise behandeln. Gerne beraten Sie die Rechtsanwälte von MKM + Partner bei der Gründung und der Führung Ihres Unternehmens – egal ob online oder vor Ort.

Autorin: Tanja Linebach (Rechtsanwältin / LL.M. Edinburgh)